Die Frage aller Fragen am Anfang der Selbstständigkeit. Ich habe mich damals für die Kleinunternehmerregelung entschieden und es hat sich durchaus als Fehler erwiesen. Warum?

Erstens hatte ich keine Ahnung, was die Umsatzsteuer ist (doch natürlich, aber was sie für mich als Selbstständige bedeutet), wie man sie abführt und wie ich damit umgehen muss. Ich bin ehrlich, ich hatte keine Lust, mich damit auseinanderzusetzen. Hat mir schon gereicht, dass ich die „normale“ Steuererklärung abgeben musste, ganz zu schweigen von den Aufträgen und alltäglichen Aufgaben in der Arbeit, und dann noch jeden Monat die Umsatzsteuer-Voranmeldung ausfüllen und die Umsatzsteuererklärung? Nein danke. Ich wollte einfach loslegen und übersetzen, optimistisch, wie man am Anfang halt so ist.

Zweitens hatte ich einen schwierigen Start in die Selbstständigkeit. Will heißen, ich hatte nicht viel Geld und 0,0 Rücklagen. Also dachte ich, ich könne die Umsatzsteuer, auch bekannt als Mehrwertsteuer, die ich abführen würde, niemals ans Finanzamt zahlen und ich brauchte jeden Cent. Womit ich wieder damit anfange, dass man sich möglichst nicht ohne finanzielle Polster oder Unterstützung in Form von Partner oder Familie selbstständig zu werden. Ja, es ist möglich, aber schwierig und zuweilen frustrierend.

Zurück zum Thema: Du merkst schon, dass ich tatsächlich keine Ahnung von der Umsatzsteuer hatte. Mir sind so einige Vorteile entgangen, wie Du gleich lesen wirst.

Das fängt ganz banal beim Wettbewerbsvorteil an. Mit der Kleinunternehmerregelung sagst Du Deinen potenziellen Kunden, dass Du von unter 17.500 Euro im Jahr leben kannst. Das heißt dann im Endeffekt, dass Du nicht Vollzeit als Übersetzer arbeitest. Das funktioniert vielleicht für diejenigen, die viel Geld haben und nebenher aus Spaß übersetzen, oder für Mütter, die wegen ihrer Kinder nur Teilzeit arbeiten können, oder, oder oder. Aber Du willst schließlich einen professionellen Eindruck hinterlassen und ernst genommen werden, oder? Du hast viel Zeit und Geld in Dein Studium investiert. Und seien wir mal ehrlich, es sieht allein schon auf der Rechnung professioneller aus, wenn unten USt. steht als nur der Nettobetrag.

Dann wäre als nächstes der Umstand, dass Du die Umsatzsteuer eigentlich nicht selbst zahlst, aber dennoch profitierst. Wie bitte? Hast Du gerade richtig gelesen? Ganz genau. Überlege mal selbst: Die Umsatzsteuer, die Du auf Deiner Rechnung anführst, bezahlt Dein Kunde. Du nimmst nicht mehr Geld ein, denn es geht direkt weiter ans Finanzamt. Jetzt denke aber an Deine sämtlichen Ausgaben. Darauf zahlst Du schließlich ebenfalls Umsatzsteuer. Die (teuren) Fachbücher, der Computer, Mitgliedsbeiträge, Abobeiträge (denke nur an Office, wofür Du einmal im Jahr oder jeden Monat zahlst), Ausstattung für Dein Arbeitszimmer, die (teils auch teuren) Schulungen, uvm. Das kannst Du alles beim Finanzamt abführen!

Nehmen wir für den Anfang mit frei erfundenen Zahlen an, dass Du pro Monat 200 Euro Umsatzsteuer von Kunden einnimmst. Für Deine Investitionen zahlst Du 70 Euro Umsatzsteuer. Du kannst Dir von den 200 Euro also 70 Euro sozusagen „abzwacken“ und nur noch den Rest an das Finanzamt abführen. Das Geld hat Dir zwar nie gehört, Du sparst aber trotzdem was, weil Du die Umsatzsteuer geltend machen kannst. Als Kleinunternehmer hättest Du die 70 Euro Umsatzsteuer dann nämlich aus eigener Tasche bezahlt. Eigentlich eine Win-Win-Situation für alle.

Und das lohnt sich wirklich. Der Aufwand, den Du dafür jeden Monat betreiben müsstest, ist verschwindend gering. Melde Dich zum selben Zeitpunkt, zu dem Du Deine Selbstständigkeit anmeldest, beim kostenlosen Steuerprogramm ELSTER vom Finanzamt an! Die Anmeldung plus Erhalt des Zertifikats kann bis zu vier Wochen dauern und das wird ein Problem, falls Dir erst zwei Tage vor Abgabefrist Deine Steuererklärung einfällt… Das ist am einfachsten, kostenlos und übersichtlich. Ich würde auch nicht zwingend zu einem Steuerberater raten, die sind besonders für Dich als Anfänger teuer und als Übersetzer musst Du praktisch nichts eintragen. Außer Du bist Dir komplett unsicher und selbst dann würde ich nur ein Beratungsgespräch in Anspruch nehmen.

Also ich mache meine Steuererklärungen selbst und das dauert nicht lange. Wenn Du Dich ein bisschen eingelesen hast, kannst Du das locker selbst machen. ELSTER hat diese tolle Vorlagenfunktion, die Du jedes Jahr vom Vorjahr übernehmen kannst und dann nur noch hier und da was ändern musst. Die Voraussetzung ist dabei, dass Du ordentlich Buch führst. Lege Dir einen Kundenordner mit Verträgen und Rechnungen an (Stichpunkt gesetzliche Aufbewahrungszeit) und einen für Deine Ausgaben. Mich hat noch keiner danach gefragt, aber vielleicht will das Finanzamt mal bestimmte Unterlagen von Dir, und wenn Du sauber Buch führst, machst Du Dir und dem Finanzamt das Leben damit erheblich einfacher, und jede Behöre mag es, wenn alles reibungslos läuft.

Informiere Dich auch ganz genau, was Du alles absetzen kannst, besonders für die Einkommenssteuererklärung. Wenn Du eine Routine hast, ist das Schreckgespenst Steuer keines mehr und Du sparst Dir bares Geld! In einem anderen Beitrag erkläre ich Dir mit Bildern, wie Du Deine Steuererklärungen ausfüllst und jeden Cent rausholst. Ich werde Dir außerdem erklären, wie Du die Umsatzsteuer-Voranmeldung ausfüllst und abschickst. Ich hab das mit der Voranmeldung am allerwenigsten verstanden, obwohl’s eigentlich total easy ist. Aber keine Angst, ich werde Dir bei allem helfen, was Du wissen musst. :)

Warum habe ich in meiner Überschrift dann „jein“ geschrieben, wenn ich Dir eigentlich absolut zu der USt. rate? Obwohl ich immer wieder betone, dass Du Dich mit einem Finanzpolster selbstständig machen solltest, verstehe ich Dich, wenn Du es trotzdem versuchen willst. Ging mir nicht anders, obwohl ich 0,0 Rücklagen hatte und „nur“ die Unterstützung von meinem Partner. Ich mache Dir nichts vor, es war sehr, sehr hart, aber wenn Du die Anfangshürde erstmal genommen hast und Dein Geschäft anfängt zu blühen, bist Du unendlich stolz auf Dich und Dein kleines Baby. Also wenn Du Dich unbedingt selbstständig machen willst, nimm die Kleinunternehmerregelung in Anspruch, aber denke daran, dem Finanzamt nach einem Jahr zu schreiben, dass Du darauf verzichtest (musst Du selbst, die fragen Dich nicht danach, kannst Du schriftlich oder per E-Mail machen), wenn Dein Unternehmen brummt. :)

PS: In meinem Beitrag 5 nützliche Bücher für Deine Selbstständigkeit habe ich Dir ein Buch über Steuern vom BDÜ empfohlen, der Dir ganz tolle Fallbeispiele zeigt, was Du noch in Deinen Steuererklärungen angeben und abführen kannst.